Die Finanzverwaltung hat jahrelange, ja jahrzentelange Erfahrung mit der Prüfung von Unternehmen, auch von gastronomischen Betrieben. Aufgrund dessen kennt man vergleichbare Betriebe und Betriebsabläufe und kann daraus näherungsweise berechnen, welcher Umsatz mit welchem Wareneinkauf gemacht werden müßte. Dank der außerordentlich zahlreichen Vergleichswerte, ist diese statistische Herangehensweise erstaunlich genau! Hier ein Berechnungsbeispiel für eine Pizzeria.
Pizzeria – Verprobungsmöglichkeit der erklärten Umsätze durch die Betriebsprüfung: Aufgrund der Prüfungsfeststellungen wurden folgende Erfahrungen gemacht:
Überschlagsrechnung
Eine Überschlagsrechnung, die die Anzahl der außer Haus verkauften Pizzen mit der Anzahl der verwendeten Pizza-Verpackungen vergleicht, führt selbst bei der Annahme, das nur die günstigsten Pizzen verkauft wurden, zu erheblichen Fehlbeträgen zu den erklärten Umsätzen. Gleiches kann bei Nudelgerichten festgestellt werden.
Aufgliederung des gebuchten Wareneinkaufs im Prüfungszeitraum
Der Prüfer möchte nun herausbekommen, wieviele Pizzen wahrscheindlich produziert wurden. Wichtiger „Parameter“ für die Berechnung der produzierten Pizza-Menge sind:
a) der Einkauf von Schältomaten zur Herstellung der Grundsoße für Pizzen sowie
b) die Mehleinkäufe.
Diese beiden Parameter hat sich jetzt der Prüfer genau angeschaut und (hoch-)gerechnet.Unabhängig von der Menge der sonstigen Zutaten wird bei der Herstellung von Pizzen für die jeweiligen Pizzagrößen eine feststehende Menge von Grundsoße, bestehend aus Schältomaten, Pizzagewürzen wie Oregano, Salz und Pfeffer benötigt.
Es erscheint zweckmäßig, das Soßenrezept und die jeweiligen Teiggewichte für die verschiedenen Pizzen vom Steuerpflichtigen in Erfahrung zu bringen. Anhand der hergestellten Soßenmengen in Verbindung mit dem Inhalt des Schöpflöffels zur Aufbringung der Soße auf den Pizzateig lassen sich dadurch die notwendigen Mehlmengen errechnen.
Verprobung (so nennt der Finanzamt diese Schätzung).
Bei der Betriebsprüfung hat man jetzt gerechnet:
9 kg Schältomaten
+ 1 Hand Pfeffer
+ 1 Hand Oregano
+ 2 Hände Salz
= ergeben ca. 9 Liter Soße
Die Schöpflöffelgröße beträgt 5 cl. Mit einem Liter Soße wurden 20 Pizzen bestrichen.
Eingekauft wurden 1.425,85 kg Schältomaten. Diese ergeben Soße für 28.517 Pizzen.
Aus dem Teiggewicht a 100 g müsste(!) demnach der Pizzeria-Inhaber 2.851 kg Mehl eingekauft haben.
In der Buchhaltung waren aber nur 1.920 kg Mehl als eingekauft angegeben. Eine Fehlmenge von 931 kg!
Die Berechnung des Prüfers: 28.517 Pizzen x niedrigster Verkaufspreis 6,50 EUR ergeben einen Mindestbruttoumsatz von 185.360 EUR.
Es erfolgte eine Befragung des Pizzeria-Inhabers zur Ausbeute von Pizzen aus Mehl. Aufgrund der Angaben des Pizzeria-Inhabers zur Ausbeute aus Mehl können bei Anwendung des untersten Pizzapreises die erklärten Umsätze überprüft werden.
- Aus 25 kg Mehl betrug die Ausbeute
- 120 Pizzen mit einem Durchmesser von 32 cm (bei der Annahme, es wurde nur der niedrigste Verkauspreis von VK 6,50 EUR erzielt)
- und 108 Pizzen (bei der Annahme ein VK von 4,50 EUR)
Das entspricht einem Mindestbruttoumsatz von 1,266 EUR. Der Mindestbruttoumsatz pro kg Mehl beträgt daher 50,64 EUR.
Da laut der Schlußfolgerung von Soße für 28.517 Pizzen (wieviel Tomatensoße für den Belag wurd produziert) 2.851 kg Mehl verwendet wurde, kann die Mehlmenge mit dem Mindestbruttoumsatz multipliziert und so geschätzt werden. Der Prüfer kam auf einen geschätzten Bruttoumsatz von 144.374,64 EUR.
Da nur ein um 931 kg geringerer Mehleinkauf angegeben wurde, wurde also ein geschätzter Umsatz von 47.145,84 EUR nicht ordnungsgemäß erfaßt und abgerechnet. Ein weiterer Beleg für diese Annahme ist der o.g. Wareneinkauf von Verpackung (Pizza-Kartons, etc.). Beides zusammen führte zu einem Steuerstrafverfahren, mit erheblichen Strafen und Nachforderungen.
Eine wichtige Schlußfolgerung: Unterschätzen Sie nicht das Finanzamt!